Ghosting

Ghosting

Weg war er! Spurlos verschwunden. Nie wieder aufgetaucht.

Das nennt sich Ghosting und bezeichnet das Verhalten, sich plötzlich und ohne Erklärung
von jemandem zurückzuziehen oder den Kontakt abzubrechen. Bisher war von Ghosting
eher im privaten Kontext bei Beziehungen oder Freundschaften die Rede. Aber auch in
der Berufswelt tritt das Phänomen Ghosting immer öfter auf. Im Human Ressources
Bereich geschieht Ghosting von Bewerbern öfter als man es sich vorstellen kann.

Gender-Disclaimer: Die in diesem Artikel gewählte männliche Form bezieht sich immer zugleich
auf weibliche, männliche und diverse Personen. Auf eine Mehrfachbezeichnung wird in der Regel
zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.

Aus dem Nähkästchen geplaudert. Das Ghosting von Bewerbern geht so: Wir als
Personalberater haben einen TOP Kandidaten gefunden – hurra! Wir führen gute und
intensive Gespräche, sehr wertschätzend. Der Kandidat möchte gerne bei einem unserer
Kunden empfohlen werden. Gesprächstermine werden vereinbart.

Und jetzt kommt´s: Der Kandidat erscheint nicht.

Oder aber er hat bereits das Gespräch mit dem Kunden geführt und hat großes Interesse
an dem Job bekundet. Es scheint gut zu passen. Topf hat Deckel gefunden. Yesss. Bingo.

Und dann war er weg. Nie wieder gemeldet. Nicht erreichbar, weder per Telefon noch per
e-Mail.

Autsch. Das tut weh.

Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 des Jobportals Indeed in den USA haben bereits
83% der 900 befragten Unternehmen Erfahrung mit dem Ghosting durch Bewerber
gemacht. Bei der überwiegenden Mehrheit, nämlich 84 %, sind die Bewerber nicht zum
Vorstellungsgespräch erschienen. 64 % gaben an, dass die Bewerber die Kommunikation
ohne Erklärung eingestellt haben. Fast 60 % berichten von Bewerbern, die ein
mündliches Angebot angenommen haben und dann verschwunden sind. Und
erstaunliche 65 % der Arbeitgeber berichten, dass Bewerber an ihrem ersten Arbeitstag
nicht erschienen sind.

Auf Seiten der ca. 4000 befragten Bewerber gaben 18% an, schon mal im Laufe eines
Bewerbungsprozesses geghostet zu haben.

50 % von ihnen haben ein geplantes Vorstellungsgespräch sausen lassen. 46 % gaben
an, dass sie auf Anrufe und E-Mails von potenziellen Arbeitgebern nicht mehr reagiert
hätten. 19 % hätten ein mündliches Angebot angenommen, sind aber verschwunden,
bevor sie einen Vertrag unterschrieben haben, und 22 % sind erst gar nicht zu ihrem
ersten Arbeitstag erschienen.

Warum macht jemand so etwas?

Gründe könnten sein:

✘ Möchte die Gefühle des Gegenüber nicht verletzen
✘ Unsicherheit
✘ Prozess nicht transparent genug
✘ Bequemlichkeit
✘ Bewerbungsprozess dauert zu lange

Einige der Punkte finden sich auch in der benannten Indeed Studie als Grund für das
Ghosting seitens der Bewerber wieder.

Ghosting ist schnell gemacht und ist eine leichte Methode, sich unsichtbar zu machen:
einfach nicht mehr reagieren. Nicht ans Telefon gehen, Nummer blockieren, Mails
löschen. Frei nach dem Motto: aus den Augen, aus dem Sinn.

Haben Ghoster ein schlechtes Gewissen? Vielleicht.
Kommen Ghoster wieder? Wahrscheinlich nicht.

Ghosting ist unprofessionell und respektlos. Punkt.

Übrigens ghosten nicht nur Bewerber, das können auch Mitarbeiter tun, die plötzlich nicht
(mehr) zur Arbeit kommen oder auch Firmen, die auf eine Bewerbung eines interessierten
Kandidaten nicht reagieren und keinerlei Antwort auf seine Bewerbung schicken. Auch
das ist sehr unhöflich und zeugt von mangelnder Kommunikationsfähigkeit.

Es kostet auf allen Seiten viel Zeit und Energie. Und manchmal auch Geld, wenn zum
Beispiel ein Mitarbeiter nicht zur Arbeit kommt und ein Projekt eventuell dadurch ins
Stocken gerät.

Natürlich können Fehler passieren. Auch wir als Personalberatung sind nicht davor gefeit,
dass uns manchmal Dinge durchrutschen. Das ist aber die absolute Ausnahme und sollte
es bleiben.

Was also tun mit Ghostern? Loslassen. Lassen Sie Ghoster ziehen. Es macht keinen Sinn,
sie mit Nachrichten oder Anrufen zu bombardieren. Setzen Sie Ihre Energie an anderer Stelle
ein, nämlich was Sie als Recruiter oder Personaler zukünftig tun können, um
Ghosting möglichst zu vermeiden:

🎯Offene und klare Kommunikation auf Augenhöhe.

🎯 Seien Sie empathisch, erkennen und sehen Sie den Bewerber mit all seinen Fähigkeiten (auch
die, die er für den Job leider nicht mitbringt).

🎯 Transparenter Bewerbungsprozess über Ablauf und Zeitrahmen.

🎯 Seien Sie gesprächsbereit für Rückfragen und mögliche Bedenken des Bewerbers.

🎯 Legen Sie alle Fakten auf den Tisch: was sind die spezifischen Aufgaben, die Erwartungen an
den Bewerber, wie wird er eingearbeitet, gibt es Fortbildungsmöglichkeiten und und
und. Wenn Sie der Personalverantwortliche sind, dann machen Sie Werbung für Ihre Firma, so
dass das Interesse geweckt wird und lass sie in einem guten Licht erscheinen.

Wenn Sie selbst ein potenzieller Ghoster sind oder mit dem Gedanken spielst, jemanden
zu ghosten – egal ob im Job oder im privaten Umfeld – dann geben Sie sich einen Ruck.

✅ Seien Sie offen und ehrlich und kommunizieren Sie, wenn kein Interesse mehr an dem
Job oder einem Vorstellungsgespräch besteht.

✅ Wenn Sie Angst vor Ihrer Absage haben, dann überlegen Sie sich vorher die Worte.
Schreiben Sie sie auf und üben sie ein, eventuell auch mit Hilfe einer Person Ihres
Vertrauens.

✅ Sagen Sie, wenn Sie Bedenken gegenüber dem Job haben. Das stets in
einer wertschätzenden Art und Weise. Niemand wird Ihnen dafür den Kopf abreissen.

✅ Wenn Sie es nicht sagen wollen, dann schreiben Sie es. Das ist immer noch besser
als sich gar nicht mehr zu melden.

✅ Wenn Sie Angst haben, den Anforderungen nicht zu genügen, dann holen Sie mehr
Informationen ein. Auf der Basis können Sie besser Entscheidungen treffen. Und im besten
Fall sind Ihre Bedenken unbegründet und können ausgeräumt werden.

✅ Ein wertschätzendes „Nein“ ist besser als ein halbherziges „Ja“.

✅ Behandlen Sie ihr Gegenüber so, wie Sie selbst behandelt werden möchten.

✅ Aufrichtigkeit hinterlässt immer einen positiven Eindruck.

Hinterher werden Sie stolz auf sich und froh sein, Ihre Absage kommuniziert zu haben.

Der Bonus ist, erhobenen Hauptes und ohne schlechtes Gewissen aus
dem Gespräch gegangen zu sein. Das macht Sie stark und ebnet Ihnen den
Weg für zukünftige „unangenehme“ Gespräche.

Und denken Sie dran: manchmal sieht man sich auch zwei Mal im Leben.

Alles Gute, André Neumann.

Vielen Dank für Ihre Anfrage!

Wir haben die Nachricht erhalten und melden uns kurzfristig.